Wir laden euch ein, die Handreichung zur Ausstellung „Geraubt. Entwurzelt.“ zu lesen. Ihr findet hier Informationen, die euch helfen, eine Gruppe durch die Ausstellung zu führen oder sie selbst zu erkunden. Wenn ihr die Ausstellungshandreichung nehmt, müsst ihr die QR-Codes auf den Ausstellungstafeln nicht einscannen. Alle notwendigen Informationen findet ihr weiter unten auf dieser Webseite.

Du kannst die Handreichung entweder direkt hier lesen oder sie als PDF herunterladen:

Ausstellungshandreichung (PDF, 349,7 KB)

Tafel 2: Der größte Krieg in der Geschichte

Worauf ist hier zu achten:

1. Neben der Abbildung 1 (Karte) befindet sich ein QR-Code, der auf Zusatzinformationen zum Thema „Der Verlauf des Zweiten Weltkriegs“ verweist:

Der Zweite Weltkrieg (1939-1945) war der größte bewaffnete Konflikt in der Geschichte der Menschheit. Gegen die Achsenmächte (Deutschland, Italien, Japan und ihre Verbündeten) kämpfte die Anti-Hitler-Koalition (Vereinigte Staaten von Amerika, Vereinigtes Königreich, Sowjetunion und ihre Verbündeten. Wichtige Anmerkung: bis 1941 waren die USA neutral und die Sowjetunion ein Verbündeter Deutschlands.) Die Hauptursache des Krieges war das Streben der Achsenmächte nach politischer und wirtschaftlicher Vorherrschaft in der Welt.

1939-1941 – Die Achsenmächte erobern fast ganz Europa und große Teile Asiens und Ozeaniens 1941 – Deutschland überfällt die Sowjetunion, Japan, die USA 1943-1945 – Die Truppen der Anti-Hitler-Koalition drängen die Achsenmächte aus den von ihnen besetzten Gebieten. Sommer 1945: Deutschland und Japan kapitulieren.

Infolge des Krieges werden Länder Ost- und Ostmitteleuropas, darunter ein Teil Deutschlands, von der Sowjetunion erobert. Die so entstandene Teilung des Kontinents dauerte bis 1989.

In Folge der Kriegshandlungen und im Zuge der verbrecherischen Besatzungspolitik starben weltweit mindestens 60 Millionen Menschen.

Überträgt man diese Zahlen auf den prozentualen Anteil der Bürger*innen, die während des Zweiten Weltkriegs ums Leben kamen, so ist festzustellen, dass die größten Verluste in den folgenden Ländern zu beklagen waren: Polen: 17,1 % der Bevölkerung UdSSR: 13,8 % der Bevölkerung Jugoslawien: 10,8 % der Bevölkerung Drittes Reich: 10,4 % der Bevölkerung Griechenland: 7 % der Bevölkerung

2. Auf der Karte, die die politisch-militärische Situation in Europa Mitte 1941 zeigt, sind folgende Dinge zu beachten:

  • Länder, die mit dem Dritten Reich verbündet waren.
  • Länder, die von Deutschland und seinen Verbündeten besetzt wurden (oder, die an das Deutsche Reich angeschlossen wurden).
  • Länder, die von der Sowjetunion unterworfen wurden, oder Länder, die bestimmte Gebiete an die UdSSR verloren.

Tafel 3: Marysias Geschichte

Worauf ist hier zu achten:

1. Es ist die erste Tafel (ausgenommen der Titeltafel), auf der sich eine Figur befindet, die sich farblich von den anderen absetzt (in diesem Fall ist ihre Kleidung gelb). Dabei handelt es sich um eine bewusste Handhabung, die sich auf den folgenden Tafeln wiederholen wird. Auf diese Weise lässt sich die betreffende Figur auf den weiteren Abbildungen dieser Tafel (und manchmal der nachfolgenden Tafeln) besser wiederfinden. Zudem unterstreicht es die Geschichte der hervorgehobenen Person, der wir folgen.

2. Marysia – ebenso wie Janek, der auf der nächsten Tafel erscheinen wird – sind fiktive Personen. Die auf dieser und den weiteren Ausstellungstafeln dargestellten Ereignisse sind sehr nahe an den Biografien konkreter geraubter Kinder. Marysias Figur beruht auf der Geschichte von Alodia Witaszek und Barbara Paciorkiewicz, die als polnische Kinder in das Deutsche Reich verschleppt wurden, wo sie germanisiert werden sollten.

3. Während der Führung sollte darauf hingewiesen werden, dass Marysia dunkles Haar hat. Die von den Nationalsozialisten entwickelte Pseudowissenschaft der Rassenlehre führte zahlreiche Merkmale auf, die eine bestimmte Person als zugehörig zu der sogenannten arischen Rasse qualifizierte. Obwohl im Allgemeinen die Auffassung vorherrschte, dass Arier blondes Haar und blaue Augen haben sollten, war die „Bestimmung“ der Rasse viel komplizierter und so konnte ein Mensch mit dunklem Haar, wenn er die meisten anderen Merkmale erfüllte, als eine Person mit „gutem Blut“ eingestuft werden.

4. Bei der Abbildung 5 befindet sich ein QR-Code, der auf Zusatzinformationen zum Thema „Die Rassenideologie der deutschen Nationalsozialisten“ verweist:

Die rassistischen Überzeugungen der Nationalsozialisten:

  • Menschen werden in „Rassen“ eingeteilt, von denen einige besser und andere schlechter sind. Sie unterscheiden sich durch ihr Aussehen, ihre Intelligenz und ihre Fähigkeiten.

  • „Rassen“ bekämpfen sich bis auf den Tod. Um zu überleben, muss eine „Rasse“ gegenüber anderen „Rassen“ die Vorherrschaft erlangen.

  • Deutsche gehören der besten „Rasse“ an, den Ariern.

  • Polen, Russen und andere Slawen sind Vertreter besonders niederträchtiger „Rassen“. Sie sind demnach „Untermenschen“, die zu Sklaven der deutschen „Herrenrasse“ gemacht werden sollen. Die von ihnen bewohnten Gebiete sollen zum Lebensraum für Deutsche werden.

  • Juden wie Sinti und Roma sind noch weniger wert. Zudem sind sie gefährlich. Sie sollten schlussendlich alle getötet werden.

  • Deutsche müssen sich um die Reinheit ihrer eigenen „Rasse“ kümmern. Sie dürfen ihr „gutes Blut“ nicht mit dem Blut weniger wertvoller „Rassen“ vermischen, sonst könnte der „Volkskörper“ zerstört werden.

5. Zusatzaufgabe: Schlage der Gruppe vor, selbstständig nach Informationen über Alodia Witaszek und/oder Barbara Paciorkiewicz zu suchen. Sie zählen zu den bekanntesten Zeitzeuginnen. Barbara Paciorkiewicz ist unter anderem in dieser Dokumentation in einem Interview zu sehen.

Tafel 4: Janeks Geschichte

Worauf ist hier zu achten:

1. Wie Marysia ist auch Janek eine fiktive Figur. Seine Geschichte ist von der Biografie Hermann Lüdekings inspiriert.

2. Der auf den Abbildungen 1 bis 4 dargestellte Inhalt steht im Widerspruch zu den Texten, die neben den Abbildungen stehen. Mit diesem Verfahren soll die Lüge hervorgehoben werden, in der Janek aufgewachsen ist. Eine Lüge, die sein ganzes Leben überschattet hat (mehr dazu auf Tafel 8).

3. Neben der Abbildung 3 befindet sich ein QR-Code, der auf das Thema „Das System des Kinderraubs in den von Nazi-Deutschland besetzten Ländern“ verweist:

  • Die Wegnahme von Kindern aus ihren Familien betraf insbesondere diejenigen, die in gemischten Familien, mit einem „reinrassigen“ Elternteil lebten. Auch Heimkinder oder Kinder, die nur von einem Elternteil oder von den Großeltern aufgezogen wurden, sowie so genannte „Banditenkinder“, d. h. Kinder, deren Eltern gegen die Besatzer gekämpft haben.

  • Ausgewählt wurden Kinder mit erwünschten „rassischen Merkmalen“ wie Körperbau, Schädelform, Haar- und Augenfarbe oder geistigen Eigenschaften wie Gehorsam oder die Bereitschaft, sich unterzuordnen.

  • Schaffung einer neuen Identität. Die Spuren der Familiengeschichte wurden ausradiert und durch eine neue erfundene ersetzt, in der eine angebliche deutsche Herkunft betont wurde. Die Kinder bekamen deutsche Vor- und Nachnamen.

  • Unterbringung in „Assimilierungsheimen“ mit dem Ziel einer vollständigen Germanisierung.

  • Jüngste Kinder (bis zu 8 Jahren): Übergabe zur Adoption

  • Ältere Kinder und Jugendliche (8-16 Jahre alt): Unterbringung in Heimschulen des Bundes Deutscher Mädel und der Hitlerjugend

4. Zusatzaufgabe: Schlag der Gruppe vor, selbstständig nach Informationen über Hermann Lüdeking zu suchen. Einen Beitrag über sein Schicksal ist als Podcast in der ARD-Audiothek abzurufen.

Tafel 5: Warum haben sie uns das angetan?

Worauf ist hier zu achten:

1. Die neben der Abbildung 1 abgedruckten Zitate stammen aus Reden und Schriften Heinrich Himmlers, der einer der einflussreichsten Anführer im Dritten Reich war. Er war Chefideologe und für die Rassenpolitik verantwortlich; darunter auch für den Raub und die Germanisierung von Kindern.

2. Neben der Abbildung 2 befindet sich ein QR-Code, der das Thema „Was heißt ‚gutes Blut‘?“ behandelt:

Die Nationalsozialist*innen waren Rassist*innen. Sie glaubten, dass die Deutschen eine den anderen Völkern überlegene „Rasse“ darstellen. Mit besonderer Verachtung behandelten sie Juden, Sinti und Roma und Slawen, die sie für „Untermenschen“ hielten. Sie glaubten jedoch, dass in den Adern einiger Vertreter*innen der minderwertigen „Rassen” „gutes Blut“ floss, das sie von ihren germanischen Vorfahren geerbt hatten. Die nationalsozialistischen Rasseexpert*innen entwickelten auf Grundlage pseudowissenschaftlicher Theorien, das heißt nur dem Anschein nach wissenschaftlich, eine Liste von 21 Merkmalen, anhand derer sie die „Rasse” eines Menschen zu bestimmen glaubten. Demnach stellten sie fest, ob in den Adern eines Menschen „gutes“ oder „schlechtes“ Blut floss. Vereinzelte Vertreter*innen der eroberten Völker, die diese Eigenschaften aufwiesen, konnten Teil der deutschen „Volksgemeinschaft“ werden. Die übrigen sollten ausgerottet, vertrieben oder als Sklaven ihren deutschen Herren dienen.

3. Abbildung 2 zeigt eine Szene, die sich in einem der Übergangsheime abgespielt haben könnte, in die Kinder im Rahmen des Germanisierungsprozesses geschickt wurden. Dort wurden sie einer weiteren Beobachtung unterzogen, um festzustellen, ob sie für die „Eindeutschung“ geeignet waren. Die geraubten Kinder wurden zum Erlernen der deutschen Sprache gezwungen – und für das Sprechen ihrer Muttersprache und jeden Ungehorsam hart bestraft.

Tafel 6: Wir waren Zehntausende

Worauf ist hier zu achten:

1. Eines der Hauptprobleme, auf das wir bei der Erörterung des Themas NS-Raub von Kindern stoßen, ist das Ausmaß des Phänomens. Mangels neuer, detaillierter historischer Forschung und aufgrund der Zerstörung von Dokumenten durch die Nationalsozialisten können wir nur vermuten, dass bis zu 250.000 Kinder aus mittel- und osteuropäischen Ländern von den Deutschen zur Germanisierung bestimmt und deportiert wurden. In dieser Zahl sind unter anderem Kinder und Minderjährige nicht enthalten, die als Zwangsarbeiter*innen nach Deutschland geschickt wurden oder in Deutschland aus den Beziehungen zwischen Zwangsarbeiterinnen und Deutschen hervorgegangen sind (und – sofern sie überlebten – als deutsche Kinder erzogen wurden).

Die größte Gruppe der geraubten Kinder stammte aus Polen. Nachdem Zweiten Weltkrieg verkündete die Regierung in Warschau, dass es ca. 200.000 Kinder waren. Diese Zahl konnte bis heute nicht verifiziert werden. Nach den neuesten Erkenntnissen deutscher Historiker*innen kann die Zahl von „nur“ 20.000 Kindern bestätigt werden. Im Widerspruch dazu gehen polnische Forscher*innen von 50.000 bis 200.000 Kindern aus.

In der Abbildung 2 verweisen wir auf Zahlen, die in der Fachliteratur üblicherweise verwendet werden. Im Falle Polens können wir diese Frage nicht beantworten und überlassen die Klärung Historiker*innen die sich in Zukunft mit dem Thema auseinandersetzen werden. Daher geben wir mit der Skala von 20.000 bis 200.000 Kindern, beide in der Forschung vertretenen Positionen an.

2. Neben der Abbildung 1 befindet sich ein QR-Code, der auf Zusatzinformationen zum Thema „Was war der Lebensborn?“ verweist:

Lebensborn e. V. war ein 1935 gegründeter Verein, der von der nationalsozialistischen Schutzstaffel (kurz SS) geleitet wurde. Ziel war es, mithilfe einer Erhöhung der Geburtenrate „rassisch reiner“ Kinder die „arische Rasse“, das heißt die deutsche „Herrenrasse“, zu stärken. Zu diesem Zweck unternahm der Lebensborn verschiedene Aktivitäten. Eine davon war der Raub und die anschließende Germanisierung von Kindern aus den besetzten Ländern. Hierbei entwickelte der Lebensborn ein ganzes System des Kinderraubs aus den Familien. Es wurden rassisch wertvolle Kinder ausgewählt, ihrer Identität beraubt, dabei die Herkunftsspuren verwischt und germanisiert. Der letzte Schritt in diesem Prozess bestand darin, die Kinder in einem Pflegeheim unterzubringen oder sie zur Adoption freizugeben. Oft wurden engagierte Nationalsozialist*innen als Adoptiveltern ausgewählt, was garantieren sollte, dass die Kinder „gute“ und hitlertreue Deutsche werden.

3. Unter der Abbildung 2 befindet sich ein QR-Code, der auf Zusatzinformationen zum Thema „Kinder von Widerstandskämpfer*innen gegen den Nationalsozialismus“ verweist. Sie verweisen auf das Schicksal von Kindern, deren Eltern an dem gescheiterten Attentat gegen Adolf Hitler am 20. Juli 1944 beteiligt waren:

Im Zuge des gescheiterten Attentates auf Adolf Hitler am 20. Juli 1944 und im Sinne der so genannten Sippenhaft wurden die Kinder der Widerstandskämpfer*innen aus den Familien entführt und in das Kinderheim Bad Sachsa gebracht. Es handelte sich dabei um 46 Kinder im Alter zwischen 10 Tagen und 15 Jahren. Das Ziel war es, sie dort umzuerziehen und ihnen ihre Identität zu nehmen, indem sie zum Beispiel neue Vor- und Nachnamen erhielten. Bis Herbst 1945, das heißt einige Monate nachdem der Krieg vorbei war, wurden alle Kinder wieder freigelassen und konnten in ihre Familien zurückkehren.

Quelle: Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Tafel 7: Einige kehrten zurück …

Worauf ist hier zu achten:

Die Abbildungen 1 bis 3 verweisen auf erneute traumatische Erfahrungen von Kindern, denen es gelang, sich an das Leben in deutschen Familien anzupassen und die dann gezwungen wurden, in ihr Herkunftsland zurückzukehren. Das bietet Anlass, um mit der Gruppe über die Schwierigkeiten der Rückführungen geraubter Kinder in der Nachkriegszeit zu diskutieren, zum Beispiel mit welchen Vorurteilen sie zu kämpfen hatten und wie sich das auf ihr alltägliches Leben ausgewirkt hat.

Tafel 8: … andere blieben

Zusatzaufgabe: Schlag der Gruppe vor, die Geschichten von der Tafel 7 und 8 gegenüberzustellen, um sich mit den rechtlichen und moralischen Fragen beider Lebensläufe zu befassen. Betone, dass beide Geschichten von wahren Begebenheiten inspiriert sind.

Tafel 9: Ein Verbrechen ohne Strafe

Worauf ist hier zu achten:

1. Neben der Abbildung 1 befindet sich ein QR-Code, der auf Zusatzinformationen zum Thema „Die Straffreiheit für die Verbrecher“ verweist:

Im achten Fall der zwölf Nürnberger Nachfolgeprozesse wurde in den Jahren 1947–1948 von US-amerikanischen Richtern die Tätigkeit des Vereins Lebensborn behandelt. Als Zeug*innen sagten unter anderem geraubte Kinder aus. Das Gericht stufte Lebensborn jedoch als eine „Wohlfahrtseinrichtung“ ein und diejenigen, die für den Raub der Kinder verantwortlich waren, wurden nicht verurteilt. 1950, fünf Jahre nach Kriegsende, stufte ein Gericht in München die Tätigkeiten des Lebensborn als verbrecherisch ein. Trotzdem kam es nicht zu weiteren Verfahren gegen damalige Mitglieder. Max Sollmann, der langjährige Leiter des Vereins Lebensborn, wurde nach dem Krieg nur zu zwei Jahren und acht Monate langen Gefängnisstrafe verurteilt. Das Urteil wurde aufgrund seiner Mitgliedschaft in der SS und nicht wegen seiner Tätigkeit im Lebensborn gefällt. Nach seiner Entlassung arbeitete er unter anderem als Direktor eines Münchner Unternehmens. Er starb im Jahr 1978.

2. Weise darauf hin, dass die in der Abbildung 4 erwähnte UN-Konvention aus dem Jahr 1948 nach wie vor die gültige Rechtsgrundlage darstellt. Bei den Tafeln 11 und 12 wird dies von Bedeutung sein.

Tafel 10: Mit dem Kopf gegen die Wand

Worauf ist hier zu achten:

1. Die auf dieser Tafel dargestellte Geschichte beruht auf wahren Begebenheiten und zeigt das Schicksal von Hermann Lüdeking, der sich für die Anerkennung seines Leidens jahrelang vergeblich darum bemühte, als Opfers des NS-Systems anerkannt zu werden.

2. Neben der Abbildung 5 befindet sich ein QR-Code, der auf Zusatzinformationen zum Thema „Geraubte Kinder – vergessene Opfer“ verweist:

Lange Zeit war der deutschen Öffentlichkeit das Problem der geraubten Kinder nicht bekannt und die Ämter und Gerichte in der Bundesrepublik Deutschland wiesen ihre Klagen zurück. Dank Christoph Schwarz, einem Geschichtslehrer aus Freiburg in Baden-Württemberg, begann sich die Situation zu ändern. Er half den Opfern, den Verein „Geraubte Kinder – vergessene Opfer“ zu gründen. Das Ziel des Vereins ist es, die Geschichte der geraubten Kinder in die deutsche Öffentlichkeit zu tragen und den deutschen Staat dazu zu bewegen, Entschädigungsgelder zu zahlen. Schwarz wandte sich auch an Journalist*innen der Deutschen Welle und Interia, die 2017 begannen über die Geschichten der Raubkinder zu berichten.

Im Jahr 2022 hat sich Baden-Württemberg als erstes Bundesland bereit erklärt, die in seinem Zuständigkeitsgebiet lebenden verschleppten Kinder zu entschädigen.

Tafel 11: Die Welt hat aus der Geschichte nichts gelernt

Worauf ist hier zu achten:

1. In der Abbildung 2 trägt das Kind, welches von Polizisten weggetragen wird, eine blaue Windel. Es ist eine symbolische Erinnerung an Janeks Schicksal, den wir von den Tafeln 4 und 8 kennen.

2. Die folgende Ausstellungstafel soll das Ausmaß des Kinderraubs verdeutlichen, der im 20. Jahrhundert auf allen Kontinenten praktiziert wurde. Opfer, wie die von den Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs verschleppten Kinder, leben vielleicht in unserer Nachbarschaft und sind sich möglicherweise ihrer wahren Geschichte gar nicht bewusst.

Tafel 12: Eine Geschichte ohne glücklichen Ausgang

Worauf ist hier zu achten:

1. Mithilfe dieser Sondertafel soll noch mehr, als es bei der Tafel 11 der Fall ist, auf die Aktualität und die Kontinuität des Themas der Ausstellung aufmerksam gemacht werden. Laut Angaben verschiedener internationaler Organisationen wie der UNO oder Amnesty International, wurden im Auftrag der russischen Regierung möglicherweise viele Tausende von Kindern aus der Ukraine verschleppt, um sie zu Bürger*innen Russlands umzuerziehen (die ukrainische Regierung spricht von 11.000 Kindern – Stand Dezember 2022).

2. Die Abbildung 3 ist eine zeitgenössische Version der Abbildung 3 von der Tafel 3. Ein Hinweis darauf, dass sich bestimmte historische Prozesse, in dem Fall Verbrechen gegen unschuldige Kinder, wiederholen können.